Newsletter 20. Juli 2023

Newsletter online: https://www.publicdomainpool.org/repository/newsletter/23-NL0005Z.html

Laufend kommen neue digitalisierte Tonspuren von Schellackplatten in das Archiv der Schweizerischen Stiftung Public Domain. Diejenigen, die uns irgendwie interessant vorkommen, werden jeweils in unregelmässigen Abständen in einem Newsletter zusammengestellt.

Diesmal haben wir viele klassische Alben in einer Schenkung von Ulrich Felder, Wetzikon, gefunden.

Unsere Website (https://www.publicdomainpool.org/) enthält nähere Erklärungen zum Stand unserer Arbeiten.

ENGLISH SUMMARY

This newsletter documents the progress in establishing an inventory of the archive of shellac records of the Swiss Foundation Public Domain. The records mentioned below can be accessed through the following playlists and albums:

Old Music
Wagner Recordings
Helvetica
Light Music

Christoph-Willibald Gluck Konzert für Flöte und Orchester in G-Dur played by Willi Urfer, conducted by Hermann Scherchen
Johann Sebastian Bach Chromatic Fantasia and Fugue played by Edwin Fischer
Johann Sebastian Bach Unaccompanied Partita No. 2 in D Minor (D Moll) - Chaconne played by Yehudi Menuhin
Johann Sebastian Bach Konzert für 1 Klavier in D-Moll (Concerto in D Minor) played by Edwin Fischer
Johann Sebastian Bach Concerto in D Minor for 2 Violins & String Orchestra played by Else Marie Bruun & Julius Koppel, conducted by Mogens Wöldike
Wolfgang Amadeus Mozart Sonata No. 15 in B flat major played by Jascha Heifetz, Violin & Emanuel Bay, Piano
Wolfgang Amadeus Mozart Concerto in C Major played by Evelyn Rothwell (Oboe), conducted by John Barbirolli
Wolfgang Amadeus Mozart Serenade in G Major "Eine kleine Nachtmusik" conducted by Wilhelm Furtwängler
Wolfgang Amadeus Mozart Concerto For Flute and Harp in C Major played by Lili Laskine (Harp) & René le Roy (Flute), conducted by Thomas Beecham
Ludwig van Beethoven Concerto in G Major, Op. 58 played by Wilhelm Backhaus, conducted by Landon Ronald
Ludwig van Beethoven Sonata in F Minor (F Moll), Op. 57 ("Appassionata") played by Edwin Fischer
Felix Mendelssohn Bartholdy "Ein Sommernachtstraum" conducted by Leo Blech
Johannes Brahms Sonata in "Sol magg." - Op. 78 played by Adolfo Busch, violinista & Rudolfo Serkin, pianista
Johannes Brahms Variations on a theme by Haydn ("St. Antoni Chorale") conducted by Arturo Toscanini
Pyotr Ilyich Tchaikovsky Concerto No. 1 in B Flat Minor, Op. 23 (Tchaikovsky) played by Vladimir Horowitz, conducted by Arturo Toscanini
Igor Stravinsky Petroushka conducted by Albert Coates

Donations are sorely needed to pay for the materials and the rent of the storage space.

Spenden werden benötigt

Die Schweizerische Stiftung Public Domain ist dringend auf Spenden angewiesen, um die Lagermiete und das Archivmaterial (Plattenhüllen, Archivschachteln) zu bezahlen. Sämtliche Arbeit am Archiv wird ehrenamtlich geleistet. Bitte unterstützt diese Arbeit!

Wer wünscht, dass es das Schellackplatten-Archiv auch in drei Jahren noch gibt, wird gebeten, dem Förderverein beizutreten.

Es genügt, uns eine Anmeldung als Antwort auf diesen Newsletter zu senden.

Helvetica

Edwin Fischer 1946

Naturgemäss enthält unser Archiv viele Platten mit Schweiz-Bezug. Bei der Schenkung von Ulrich Felder (s.u.) sind auffällig viele dabei. Das betrifft nicht nur die vielen Aufnahmen mit Edwin Fischer. Dieser war mir als Promi, dem man in den Fünfzigerjahren auf Zürichs Strassen begegnen konnte, nur aus dem Chanson Bellevue bekannt, wo er in einer Reihe mit Cocteau, Frisch und Bill genannt wird. Dass er heute bei uns kaum mehr bekannt ist - etwa im Gegensatz zu Alfred Cortot, dessen Lebensdaten sich nicht gross von seinen unterscheiden -, dürfte auch damit zusammenhängen, dass er während der Nazizeit in Berlin wirkte und als deutschfreundlich bekannt war.

Auch die Aufnahmen mit dem Stadtorchester Winterthur geleitet von einem Hermann Scherchen, der sich sehr für alte Musik interessierte, gehören zu unseren selten gehörten Helvetica.

Walther Reinhart

Der Reinhart-Chor, von dem eine Kantate auf der Playlist "Alte Musik" zu finden ist, wurde von Walther Reinhart gegründet und geleitet, der sich ebenfalls in Winterthur mit Alter Musik beschäftigte, und wohl weitläufig mit der Familie verwandt ist, der wir das Oskar Reinhart Museum verdanken.

Im weitgefassten Sinne kann man vielleicht auch Petroushka ein wenig zu den Helvetica zählen, da Stravinsky dieses Ballett 1910 mindestens teilweise in Clarens-Montreux komponiert hat.

Pacific

Sicher gehört aber der symphonische Satz, der die Eisenbahnfahrt mit der Dampflokomotive "Pacific 231" von Arthur Honegger thematisiert, zu den erwähnenswerten Helvetica, auf die wir diesen Monat gestossen sind.

Schenkung von Ulrich Felder, Wetzikon

Ulrich Felder hat uns eine reichhaltige Kollektion von Schallplatten mit klassischer Musik geschenkt. Es handelt sich vor allem um ganze Alben in gutem Zustand. Wer sich wundert, warum diese Alben aus so vielen Platten bestehen, ist daran zu erinnern, dass Schellackplatten mit 78 Umdrehungen pro Minute rund 2.5 mal weniger Musik bei gleicher Spurlänge enthalten als eine Vinylplatte mit 33 Touren. Da ausserdem die Rillen etwa doppelt so weit auseinanderliegen, resultiert ein "Fassungsvermögen" bei gleicher Grösse, das rund 5 mal kleiner ist. (Dafür ist die Dynamic Range, der Abstand zwischen den leisesten und lautesten abspielbaren Tönen, etwas grösser.) Diese 12-Zoll-Platten enthalten darum im Mittel rund 5 Minuten Musik, während die - vorwiegend für Unterhaltungsmusik eingesetzten - kleineren Platten mit 10 Zoll Durchmesser auf rund 3 Minuten kommen.

Diese Alben der Kollektion Ulrich Felder stehen nun zur Verfügung:

Ein paar einzelne Platten mit vorwiegend "Alter Musik" haben wir in einer Playlist zusammengefasst. Ebenso einige Aufnahmen von Musik von Richard Wagner, die zwar mehrere Platten umfassen, aber keine ganzen Alben sind.

Heimlich, still und leise ...

Anni Frind

In einer separaten Playlist haben wir Leichte Musik zusammengestellt. Hier sind viele spritzige Schlager und Operettenmelodien zusammengestellt. Die Redensart "Heimlich, still und leise ...", die in einer dieser Zusammenstellungen vorkommt, fiel mir auf. Das hat meine Mutter doch auch immer gesagt. (Wem fallen weitere "ältliche" Redensarten auf?) Offenbar waren diese Kurzfassungen von Schlagern und Operetten so beliebt, weil eine ganze Generation mit diesen Stücken gross geworden sind. Diese Aufnahmen mit leichter Musik wurden grösstenteils von von Franz Marszalek in den Fünfziger Jahren aufgenommen, der während der Nazizeit für den Reichsrundfunk gearbeitet hatte. Auch sind nicht wenige der beteiligten Sänger auf der "Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda" zu finden. (Dies betrifft nicht die hier abgebildete Anni Frind.) Man sollte die Liste nicht überbewerten. Wer sich im Einzelnen womit schuldig gemacht hat, kann nur durch genaue Untersuchung eruiert werden. Und irgendwo mussten sie nach dem Krieg ja ihren Lebensunterhalt verdienenen.

Nach dem Krieg wurden Schlager aus der Nazizeit kaum mehr gespielt. Die Generation meiner Eltern wurde von der Musik ihrer Jugend abgeschnitten - bis auf wenige Ausnahmen, wie diese Schellack-Platten-Kurzfassungen. Es ist wie wenn 1974 alle britische Musik in der Versenkung verschwunden wäre und die Musik der Beatles und Rolling Stones erst gegen Ende dieses Jahrhundert wieder zugänglich wäre. Die überlangen Schutzfristen eines überkandidelten Urheberrechts vernichtet unser Kulturelles Erbe. Dem versuchen wir mit diesem Archiv entgegenzuwirken.

Abmelden

Wer unseren Newsletter nicht mehr erhalten möchte, möge dies per Mail an info@publicdomain.ch mitteilen.